Es gibt Systemerkrankungen, bei denen im Verlauf Veränderungen auftreten, die nicht als Zweitkarzinom aufzufassen sind, sondern zu einer einzigen Diagnose gehören. Bei diesen Erkrankungen wird in der Regel als Diagnosedatum das Datum der ersten invasiven ­Meldung gewählt. Der Diagnose ‘akute Myeloische Leukä­mie mit vorausgegangenem Myelodysplastischem Syndrom’ (ICD-O-3 M-9895/3) geht definitionsgemäß eine MDS voraus. Mit Einführung der ICD-O-3 gilt diese Diagnose mit ICD-10 C92.0 als bösartige Erkrankung. Daher wäre es konsequent, das Diagnosedatum der MDS für die Registrierung zu nutzen. Bei einer Betrachtung der Überlebenszeiten der AML würde dies vermutlich zu einer Verlängerung des beobachteten Gesamtüberlebens führen. Die vorliegende Auswertung vergleicht die Überlebensraten unter Verwendung der Diagnosedaten der AML bzw. der MDS.

Methode

Die Analyse basiert auf 139 PatientInnen (ICD-10 C92.0, ICD-O-3 M-9895/3) aus einem Gesamtkollektiv von 476 PatientInnen, die zwischen 1993 und 2011 im EKN regis­triert wurden, bei denen sowohl für das MDS als auch die AML Diagnosedaten vorliegen. Das beobachtete Überleben wurde mittels Kaplan-Meier-Schätzfunktion (KM) mit dem R-Softwareprogramm berechnet (passives Follow-up bis 12.2010).

Ergebnisse

66% der untersuchten Fälle betrafen Männer und 34% Frauen. Männer waren durchschnittlich älter als Frauen sowohl bei der AML-Diagnosestellung (68,6 Jahre vs. 67,8 Jahre) als auch bei der MDS-Diagnosestellung (66,8 Jahre vs. 66,0 Jahre). Die durchschnittliche Zeitdifferenz zwischen einer MDS-Diagnose und einer AML-Diagnose betrug 39,7 Monate und die Medianzeit war 30 Monate. Bis zum Ende des Beobachtungszeitraums starben insgesamt 106 PatientInnen der AML-Gruppe. Die MDS-Gruppe wies eine längere Überlebenszeit auf mit insgesamt 115 Sterbefällen. Die mediane Überlebenszeit betrug für die AML 6 Monate und für die MDS ca. 29 Monate (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1: Die Verläufe der Überlebensraten für MDS und AML in Monaten nach Diagnosedatum (*Log-Rang-Test)
Abbildung 1: Die Verläufe der Überlebensraten für MDS und AML in Monaten nach Diagnosedatum (*Log-Rang-Test)

Schlussfolgerung

Da das mediane Überleben für die MDS deutlich länger ist, würde eine Festlegung auf das Diagnosedatum der MDS für die Diagnose der akuten Myeloischen Leukämie mit vorausgegangenem Myelodysplastischem Syndrom zu einer Verlängerung der beobachteten Überlebenszeiten der AML führen. Es ist zu diskutieren, welches Diagnosedatum für die Registrierung in epidemiologischen Krebsregistern und bei der Überlebenszeitanalyse für AML-PatientInnen mit der Morphologie M9895/3 verwendet werden sollte. Vorgeschlagen wird, beide Diagnosedaten zu dokumentieren, um je nach Fragestellung differenzierte Auswertungen durchführen zu können.

Diese Auswertung wurde auf der Informationstagung Tumordokumentation der klinischen und epidemiologischen Krebsregister 2013 in Lübeck vorgestellt.

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